Unser geistiges Eigentum
Ein Patent schützt eine Technologie und gibt ein alleiniges Nutzungsrecht. Wettbewerber müssen sich dann etwas anderes ausdenken. Derzeit hat die Uhlmann Pac-Systeme GmbH & Co. KG über 350 Patente, wobei sich manche auf Maschinen und andere auf Formatteile beziehen.
Die Intellectual-Property-Strategie von Uhlmann hat als zentrale Aufgabe, bei allen Group Companies deren geistiges Eigentum zu schützen. Das heißt konkret: wertvolle technische Erfindungen zum Patent anzumelden und die Patente durchzusetzen. Bei Verdachtsfällen oder Fragen hilft Dr. Sebastian Binder, binder.s@uhlmann-group.com.
Ein pilzförmiger Klemmbolzen, ein Positionierstift, hinten mittig eine Nut. Sie machen die Werkzeugklemmung der B 1440 zu etwas Besonderem. So besonders, dass Uhlmann sie 2012 zum Patent anmeldete und in allen Blistermaschinen und Blisterlinien einsetzt, die nach 2012 entwickelt wurden. Und so innovativ, dass unser Hauptwettbewerber sie glatt kopierte. Dagegen klagten wir – zu Recht, wie der irische High Court unlängst entschieden hat. Doch der Weg zum Sieg in unserem ersten Patentrechtsstreit war lang, wie Dr. Sebastian Binder, Corporate Intellectual Property Manager der Group, und Dietrich Jaedicke, Strategic Product Manager bei Uhlmann, stellvertretend für alle Beteiligten erzählen.
„Begonnen hat es damit, dass wir vor circa fünf Jahren unsere Patente systematisch durchgingen und bewerteten: Welche sind noch relevant, was sind Patente, die bezüglich des Werts und des Wettbewerbs besonders wichtig für Uhlmann sind?“, sagt Jaedicke. Einmal identifiziert war klar: Diese Patente müssen wir aktiv schützen. Und zwar mit offenen Ohren und Augen.
Im Internet entdeckt
Die Besonderheiten der B 1440-Werkzeugklemmung sprangen ihm an einer Stelle ins Auge, an der sie nichts zu suchen haben: „Auf der Homepage unseres Hauptwettbewerbers war bei der Abbildung eines Werkzeuges etwas zu erkennen, wo klar war: Hier wird eines unserer Patente verletzt!“ Jaedicke und Binder, der sich 2016 dem Patentwesen bei Uhlmann angenommen hatte, gingen der Sache auf den Grund. Denn, so Binder: „Uhlmann sammelt Patente nicht nur – das wäre mit teilweise sechsstelligen Kosten für ein Patent ein sehr teures Hobby –, sondern setzt sie auch durch.“
Doch dafür sind Beweise nötig. Und um diese zu bekommen, braucht es motivierte Mitarbeitende: „Wir sensibilisierten durch Schulungen die Kolleginnen und Kollegen mit Kundenkontakt dafür, anhand spezieller Merkmale das patentgeschützte Uhlmann-Werkzeug zu erkennen“, erzählt Jaedicke. Einen Kunden zu fragen, ob man das Werkzeugteil fotografieren darf, weil man den Verdacht hat, dass hier ein Konkurrent etwas kopiert hat, ist nicht einfach. Doch dank des Fingerspitzengefühls unserer Servicekräfte hatte Uhlmann 2017 die ersten fotografischen Belege für die Patentverletzung. Trotzdem zeigte der Wettbewerber keine Spur von Einsicht: Ein Gespräch auf der Messe ACHEMA 2017 mit Vertretern des Unternehmens führte zu nichts.

Es war klar: Hier wird eines unserer Patente verletzt!
Dietrich Jaedicke, Strategic Product Manager
Damit begann eine Verhandlungsphase, die sich bis zu dem Vergleich in diesem Jahr hinzog. „Uhlmann sieht sich nicht als Unternehmen, das gleich den Vorschlaghammer auspackt und prozessiert. Wir wollten erst einmal versuchen, uns außergerichtlich zu einigen“, erklärt Binder. Außerdem entschied sich Uhlmann dazu, die Kunden, wie Binder sagt, „sanft mitzunehmen“, um auch sie darauf aufmerksam zu machen, dass wir unser geistiges Eigentum schützen.
Zähes Ringen
Bei der Werkzeugklemmung der B 1440 brauchte es dafür einen langen Atem: Da die Einigung ohne Gericht scheiterte, sah sich Uhlmann 2018 letztlich dazu gezwungen, Klage einzureichen. „Uns ging es dabei nicht um eine möglichst hohe Schadensersatzsumme, sondern um die Unterlassung der Patentverletzung. Deshalb verfolgten wir stets parallel die außergerichtliche Einigung weiter“, sagt Binder. Es folgten eine ebenso erfolglose gerichtlich angeordnete Mediation, mehrere verschobene Gerichtstermine, die Behauptung des Konkurrenten, unser Patent sei nicht gültig, Gutachten über Gutachten, Vertragsentwürfe und Meetings.

Uns ging es dabei nicht um eine möglichst hohe Schadensersatzsumme, sondern um die Unterlassung der Patentverletzung.
Sebastian Binder, Corporate Intellectual Property Manager
Einsicht in letzter Minute
Im März dieses Jahres hätte endlich die virtuelle Verhandlung vor dem irischen High Court stattfinden können. Und siehe da: „Eine Woche vor der Verhandlung kam die Gegenseite auf uns zu und fragte, ob man sich nicht doch einigen könnte. Innerhalb von zwei Tagen hatten wir einen unterschriftsreifen Vertrag vorliegen mit all den Bedingungen, die wir gefordert hatten“, sagt Binder.
Im Vertrag wurde festgelegt, dass der Wettbewerber das Patent nicht mehr verletzten darf. Zudem musste er Schadensersatz leisten und auflisten, welche seiner Kunden das Werkzeug bekommen hatten – samt Seriennummer: Künftig können Servicekräfte, die bei Kunden die Werkzeuge sehen, die Nummer notieren und wir wissen aufgrund der Liste, ob es ein neues Werkzeug ist und er folglich gegen die Unterlassung verstoßen haben muss. Was er besser nicht tun sollte: Der Vertrag wurde einem Gerichtsurteil gleichgesetzt, ein Verstoß wird deshalb wie eine Straftat behandelt.
Dietrich Jaedicke und Dr. Sebastian Binder sind zufrieden mit dem Ergebnis, zu dem viele Kolleginnen und Kollegen beigetragen haben: „Die Konstruktion, das Produktmanagement, die Servicekräfte und noch viele mehr – ohne deren Mitwirken hätten wir es nicht geschafft“, sagt Binder. Viele Uhlmann-Augen sehen eben mehr.

Unsere Wettbewerber können die Werkzeuge nur deshalb so günstig herstellen, weil sie keinen Aufwand in die Entwicklung investieren müssen!
Wolfgang Rodi, Uhlmann Design Engineer
Herr Rodi, Sie haben die Werkzeugklemmung der B 1440 erfunden. Wie viel Entwicklungsarbeit steckt darin?
Der Zeitaufwand für eine Neuentwicklung steigt meist proportional mit dem Innovationsgrad der Neuentwicklung. Vor der Anmeldung einer patentwürdigen Neuentwicklung, ist es wichtig, zu bereits vorhandenen Patenten und Techniken zu recherchieren, um am Ende nicht selbst gegen ein bestehendes Patent zu verstoßen! Damit ein Patent erteilt werden kann, braucht man auch Glück, da es am Markt bereits unzählige Lösungen gibt.
Die nächste Herausforderung ist es, die Funktion möglichst kostengünstig abzubilden, um einen späteren wirtschaftlichen Erfolg der Erfindung für die Firma sicherzustellen. Für die Werkzeugklemmung am Werkzeug der B 1440 benötigt man nur ein einfaches Drehteil für circa fünf Euro sowie einen Passstift und eine kleine Nut. Mit der Neuerfindung der Klemmung an der B 1440 war es uns erstmals gelungen, eine Werkzeugklemmung zu entwickeln, die im Wesentlichen für alle Werkzeuge an der Thermoformmaschine funktioniert. Das Besondere an der Werkzeugklemmung ist auch, dass das Werkzeug im Schnittpunkt von Folienmitte und Stationsmitte geklemmt wird. Somit konnten die temperaturspezifischen Längenausdehnungen zwischen warmem und kaltem Werkzeug zueinander reduziert werden.
Wie fühlt man sich als Entwickler, wenn die eigene Erfindung zum Patent angemeldet wird?
Natürlich freut man sich über eine erfolgreiche Produktneuentwicklung. Erst recht, wenn durch eine Patenterteilung die weltweite Einzigartigkeit der Idee bestätigt wird. Was aber viel wichtiger ist: Dass man selbst einen Teil zur Innovationskraft der Firma beigetragen hat, um langfristig den Bestand unserer Arbeitsplätze zu sichern.
Und wie ist es, wenn das Patent verletzt wird?
Das ist schon sehr ärgerlich. Denn durch Patentrechtsverletzungen gehen uns wichtige Aufträge für Kundenformate verloren.
Was bedeutet es Ihnen, dass Uhlmann in diesem Fall gegen die Patentrechtsverletzung vorging und sich gegen den Wettbewerber behauptet hat?
Die Entscheidung war richtig. Wenn man nicht gegen Patentrechtsverletzungen vorgeht, braucht man auch keine Patente anmelden. Unsere Wettbewerber können die Werkzeuge nur deshalb so günstig herstellen, weil sie keinen Aufwand in die Entwicklung investieren müssen! Für mich war es eindeutig, dass der Wettbewerber in Bezug auf unser Patent einen Regelverstoß ausübt!
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