Hobby„Füße sind die besseren Schuhe“

In Schuhen trifft man Karlheinz Kösling selten an. Er erläuft sich seine Umgebung am liebsten barfuß – und wenn es nicht anders geht, mit Barfußschuhen. Hier verrät er, wie er zu diesem Hobby kam und worauf Einsteiger achten sollten.

Herr Kösling, wie haben Sie Ihre Leiden­schaft fürs Barfuß­laufen entdeckt?

Barfuß­laufen bei ange­nehm warmen Tempe­ra­turen hat mich schon immer ange­spro­chen. Aber so ein rich­tiges Aha-Erlebnis stellte sich bei mir erst ein, als ich im Winter barfuß Schnee geschippt habe. Was mir damals selbst noch als verrückt erschien, führte anschlie­ßend zu warmen Füßen und einem ange­nehmen Krib­beln in den Unter­schen­keln. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sich der Turbo einge­schaltet hat. Da passiert etwas, was nicht nur die Füße, sondern den ganzen Orga­nismus belebt. Das war bei mir der Trigger, das Thema „Barfuß­laufen“ genauer zu betrachten.

Gibt es andere Barfuß­fans, die Ihnen dabei geholfen haben?

Infor­ma­tionen über das Barfuß­laufen findet man zuhauf, für mich war jedoch wich­tiger, es einfach selbst auszu­pro­bieren und ständig zu opti­mieren. Die Ausbil­dung zum Natural-Running-Coach an der Barfuß Akademie Düssel­dorf, ein Besuch beim „Fuß-Guru“ Casten Stark sowie weitere Work­shops setzten hilf­reiche Impulse. Mitt­ler­weile habe ich einen guten Stand erreicht, aber es gibt noch vieles zu entde­cken.

Abend­spa­zier­gang mit bloßen Füßen. Besser geht es nicht, findet Karl­heinz Kösling.
Laufen Sie immer ohne Schuhe?

Nicht alle Unter­gründe lassen Barfuß­laufen zu. Für diese Fälle gibt es Barfuß­schuhe – auch Mini­mal­schuhe genannt. Meine Schuhe habe ich mitt­ler­weile alle gegen Barfuß­schuhe ausge­tauscht. Die gibt es mitt­ler­weile für Busi­ness, Frei­zeit und Sport. Barfuß­schuhe haben nur eine etwa fünf Milli­meter starke Gummi­sohle, keine Erhö­hung im Fersen­be­reich und bieten vor allem den Zehen ausrei­chend Platz

Warum ist das gut?

In der Evolu­tion des Menschen hat sich der Fuß zu einer genialen Konstruk­tion für das Laufen entwi­ckelt. Die Vorteile dieser Konstruk­tion, die aus unzäh­ligen Knochen, Gelenken, Muskeln, Sehnen und Bändern besteht, werden durch das Tragen von Schuhen nicht mehr voll­ständig genutzt. Dabei sind Füße eigent­lich die besseren Schuhe. Denn falsches Schuh­werk kann unseren Fuß auf Dauer schä­digen. Es kann zu einem Ballenzeh (Hallux Valgus), Senk- Spreiz- oder Knickfuß führen. Die falsche Lauf­technik verur­sacht oftmals zudem Probleme im Knie- und Hüft­ge­lenk bis hoch zur Wirbel­säule. Das Barfuß­laufen und Übungen zur Fußmo­bi­li­sa­tion helfen, das natür­liche Konstrukt aufrecht­zu­er­halten oder wieder­zu­er­langen. Das gilt etwas abge­schwächt auch für das Laufen in Barfuß­schuhen. Es freut mich, dass immer mehr Menschen in Barfuß­schuhen unter­wegs sind. Aller­dings sollte man darauf achten, die Lauf­technik den Schuhen anzu­passen.

Karl­heinz Kösling, 59 Jahre,
Design Engi­neer Uhlmann Pac-Systeme


  • Barfuß­läufer seit: 10 Jahren
  • Liebster Unter­grund: Gras oder Moos, leicht feucht im Morgentau
  • Schmerz­haf­testes Erlebnis: Griff an den Weide­zaun ohne Schuhe
  • Schönstes Erlebnis: 300 Kilo­meter auf dem Jakobsweg durch die Schweiz, davon ein Drittel barfuß
Was genau ist bei der Umstel­lung wichtig?

Die Umstel­lung auf das Barfuß­laufen oder das Laufen in Barfuß­schuhen muss sehr behutsam erfolgen. Dadurch, dass im Fersen­be­reich keine Erhö­hung mehr vorhanden ist, kann es zunächst zu Schmerzen in den Waden und der Achil­les­sehne kommen. Die Inten­sität sollte anfangs niedrig gehalten werden. Ganz nach dem Motto „Weniger ist mehr“. Die Anlei­tung eines Fach­manns hilft, so manche Probleme bei der Umstel­lung zu verhin­dert – ich kenne da Einen…  

Was bringt das Barfuß­laufen gesund­heit­lich?

Das Laufen ohne oder in Barfuß­schuhen über den Vor- oder Mittelfuß kräf­tigt die Fußmus­ku­latur, verbes­sert die Koor­di­na­tion, stabi­li­siert Gelenke, beugt Fußfehl­stel­lungen vor, trai­niert die Waden, fördert eine aufrechte Körper­statik. Das hilft, Knie-, Hüft- und Rücken­schmerzen zu lindern oder gar zu verhin­dern. Das Laufen über den Vorfuß richtet den Körper auf und akti­viert die Waden­pumpe, die das Blut zurück zum Herzen trans­por­tiert. Das regt den Stoff­wechsel an. Aber auch jenseits des körper­li­chen, hat das Laufen ohne Schuhe posi­tive Effekte.

Die Inten­sität sollte anfangs niedrig gehalten werden. Ganz nach dem Motto „Weniger ist mehr“.

Karl­heinz Kösling
Welche sind das?

Man spricht vom „Groun­ding“, also einem erdenden Effekt. Durch Stress, Umwelt­gifte oder schlechte Ernäh­rung bilden sich Entzün­dungen in unserem Körper, die einen Über­schuss an posi­tiver Ladung haben, soge­nannte freie Radi­kale. Sobald wir barfuß den Erdboden berühren, fließen freie nega­tive Elek­tronen aus der Erde in unseren Körper – und zwar genau dorthin, wo sie zum Span­nungs­aus­gleich am drin­gendsten benö­tigt werden. Somit findet im Körper wieder ein Ausgleich der posi­tiven und nega­tiven Ladung statt. Der direkte Kontakt mit der Erde oder das Schwimmen im Baggersee helfen, gesund zu bleiben oder es zu werden.

Beim Barfuß-Balan­cieren gibt es für Muskeln und Sehnen richtig was zu tun.

Die rich­tige Technik ist beim Barfuß­laufen entschei­dend.

Gemeinsam mit anderen Barfuß­fans trifft sich Karl­heinz Kösling einmal pro Woche in Laup­heim.

Wie hoch ist die Verlet­zungs­ge­fahr beim Barfuß­laufen?

Durch das Barfuß­laufen bildet sich eine dickere Fett­schicht in der Unter­haut des Fußes. Das macht ihn zwar unemp­find­li­cher, schützt aber natür­lich nicht vor allen Verlet­zungen. Daher ist es ratsam, bei längeren Touren immer ein Notfall-Paket mitzu­führen. Auch bei kalten Tempe­ra­turen sollte man auf keinen Fall über­treiben, da reichen oft fünf Minuten. Diabe­tiker, Arthrose-Pati­enten und Menschen, die Blut­ver­dünner einnehmen, sollten nur nach Rück­sprache mit dem Arzt barfuß­laufen.

Aber wie ist es mit dem Umkni­cken?

Dass man in Barfuß­schuhen leicht umknickt, vor allem beim Berg­wan­dern, zählt nicht zu den Risiken. Wenn man schief auftritt und der Dehnungs­reiz einen gewissen Grad über­steigt, reagieren die Muskeln, Sehnen und Bänder blitz­schnell und glei­chen das aus. Auch das habe ich auspro­biert. Im Allgäu bin ich die Nagel­fl­uh­kette in Barfuß­schuhen gelaufen und hatte dies­be­züg­lich keinerlei Probleme. Der Halt auf unebenem Gelände ist perfekt, da sich der Barfuß­schuh dem Gelände anpasst und nicht wie die steife Sohle eines Berg­schuhs nur punk­tuell den Unter­grund berührt.

Der direkte Kontakt mit der Erde hilft, gesund zu bleiben.

Karl­heinz Kösling
Laufen Sie immer allein oder auch in Gruppen?

Aktuell leite ich einen Barfuß­kurs in Laup­heim, der einmal wöchent­lich, Sommer wie Winter, draußen statt­findet. Der umfasst ein Gesamt­paket aus Barfuß­laufen, Fußmo­bi­li­sa­tion, Übungen zur Beweg­lich­keit und Koor­di­na­tion sowie das abschlie­ßende Kneipen im Bach. Wichtig ist mir, dass die Teil­neh­menden ihren Weg zum Barfuß­laufen selbst finden und nicht meine Vorgaben einfach über­nehmen – schließ­lich sind wir alle Indi­vi­duen.

Ich fände es schön, wenn sich noch mehr Menschen für das Barfuß­laufen inter­es­sieren würden. Gesund­heit muss nicht viel kosten, zudem fühlt es sich noch gut an. Ein kleiner Barfuß­pfad auf dem Firmen­ge­lände, in den Pausen nutzbar, um neue Energie aufzu­tanken, das wäre für mich auch ein nach­hal­tiger Ansatz für die Gesund­heit der Mitar­bei­tenden.

Wer Lust hat, selbst mal barfuß loszu­gehen, kann sich gerne direkt bei Karl­heinz Kösling melden: koesling.k@uhlmann.de

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