Herr Kösling, wie haben Sie Ihre Leidenschaft fürs Barfußlaufen entdeckt?
Barfußlaufen bei angenehm warmen Temperaturen hat mich schon immer angesprochen. Aber so ein richtiges Aha-Erlebnis stellte sich bei mir erst ein, als ich im Winter barfuß Schnee geschippt habe. Was mir damals selbst noch als verrückt erschien, führte anschließend zu warmen Füßen und einem angenehmen Kribbeln in den Unterschenkeln. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sich der Turbo eingeschaltet hat. Da passiert etwas, was nicht nur die Füße, sondern den ganzen Organismus belebt. Das war bei mir der Trigger, das Thema „Barfußlaufen“ genauer zu betrachten.
Gibt es andere Barfußfans, die Ihnen dabei geholfen haben?
Informationen über das Barfußlaufen findet man zuhauf, für mich war jedoch wichtiger, es einfach selbst auszuprobieren und ständig zu optimieren. Die Ausbildung zum Natural-Running-Coach an der Barfuß Akademie Düsseldorf, ein Besuch beim „Fuß-Guru“ Casten Stark sowie weitere Workshops setzten hilfreiche Impulse. Mittlerweile habe ich einen guten Stand erreicht, aber es gibt noch vieles zu entdecken.

Laufen Sie immer ohne Schuhe?
Nicht alle Untergründe lassen Barfußlaufen zu. Für diese Fälle gibt es Barfußschuhe – auch Minimalschuhe genannt. Meine Schuhe habe ich mittlerweile alle gegen Barfußschuhe ausgetauscht. Die gibt es mittlerweile für Business, Freizeit und Sport. Barfußschuhe haben nur eine etwa fünf Millimeter starke Gummisohle, keine Erhöhung im Fersenbereich und bieten vor allem den Zehen ausreichend Platz
Warum ist das gut?
In der Evolution des Menschen hat sich der Fuß zu einer genialen Konstruktion für das Laufen entwickelt. Die Vorteile dieser Konstruktion, die aus unzähligen Knochen, Gelenken, Muskeln, Sehnen und Bändern besteht, werden durch das Tragen von Schuhen nicht mehr vollständig genutzt. Dabei sind Füße eigentlich die besseren Schuhe. Denn falsches Schuhwerk kann unseren Fuß auf Dauer schädigen. Es kann zu einem Ballenzeh (Hallux Valgus), Senk- Spreiz- oder Knickfuß führen. Die falsche Lauftechnik verursacht oftmals zudem Probleme im Knie- und Hüftgelenk bis hoch zur Wirbelsäule. Das Barfußlaufen und Übungen zur Fußmobilisation helfen, das natürliche Konstrukt aufrechtzuerhalten oder wiederzuerlangen. Das gilt etwas abgeschwächt auch für das Laufen in Barfußschuhen. Es freut mich, dass immer mehr Menschen in Barfußschuhen unterwegs sind. Allerdings sollte man darauf achten, die Lauftechnik den Schuhen anzupassen.
Karlheinz Kösling, 59 Jahre,
Design Engineer Uhlmann Pac-Systeme
- Barfußläufer seit: 10 Jahren
- Liebster Untergrund: Gras oder Moos, leicht feucht im Morgentau
- Schmerzhaftestes Erlebnis: Griff an den Weidezaun ohne Schuhe
- Schönstes Erlebnis: 300 Kilometer auf dem Jakobsweg durch die Schweiz, davon ein Drittel barfuß

Was genau ist bei der Umstellung wichtig?
Die Umstellung auf das Barfußlaufen oder das Laufen in Barfußschuhen muss sehr behutsam erfolgen. Dadurch, dass im Fersenbereich keine Erhöhung mehr vorhanden ist, kann es zunächst zu Schmerzen in den Waden und der Achillessehne kommen. Die Intensität sollte anfangs niedrig gehalten werden. Ganz nach dem Motto „Weniger ist mehr“. Die Anleitung eines Fachmanns hilft, so manche Probleme bei der Umstellung zu verhindert – ich kenne da Einen…
Was bringt das Barfußlaufen gesundheitlich?
Das Laufen ohne oder in Barfußschuhen über den Vor- oder Mittelfuß kräftigt die Fußmuskulatur, verbessert die Koordination, stabilisiert Gelenke, beugt Fußfehlstellungen vor, trainiert die Waden, fördert eine aufrechte Körperstatik. Das hilft, Knie-, Hüft- und Rückenschmerzen zu lindern oder gar zu verhindern. Das Laufen über den Vorfuß richtet den Körper auf und aktiviert die Wadenpumpe, die das Blut zurück zum Herzen transportiert. Das regt den Stoffwechsel an. Aber auch jenseits des körperlichen, hat das Laufen ohne Schuhe positive Effekte.
Die Intensität sollte anfangs niedrig gehalten werden. Ganz nach dem Motto „Weniger ist mehr“.
Karlheinz Kösling
Welche sind das?
Man spricht vom „Grounding“, also einem erdenden Effekt. Durch Stress, Umweltgifte oder schlechte Ernährung bilden sich Entzündungen in unserem Körper, die einen Überschuss an positiver Ladung haben, sogenannte freie Radikale. Sobald wir barfuß den Erdboden berühren, fließen freie negative Elektronen aus der Erde in unseren Körper – und zwar genau dorthin, wo sie zum Spannungsausgleich am dringendsten benötigt werden. Somit findet im Körper wieder ein Ausgleich der positiven und negativen Ladung statt. Der direkte Kontakt mit der Erde oder das Schwimmen im Baggersee helfen, gesund zu bleiben oder es zu werden.
Wie hoch ist die Verletzungsgefahr beim Barfußlaufen?
Durch das Barfußlaufen bildet sich eine dickere Fettschicht in der Unterhaut des Fußes. Das macht ihn zwar unempfindlicher, schützt aber natürlich nicht vor allen Verletzungen. Daher ist es ratsam, bei längeren Touren immer ein Notfall-Paket mitzuführen. Auch bei kalten Temperaturen sollte man auf keinen Fall übertreiben, da reichen oft fünf Minuten. Diabetiker, Arthrose-Patienten und Menschen, die Blutverdünner einnehmen, sollten nur nach Rücksprache mit dem Arzt barfußlaufen.
Aber wie ist es mit dem Umknicken?
Dass man in Barfußschuhen leicht umknickt, vor allem beim Bergwandern, zählt nicht zu den Risiken. Wenn man schief auftritt und der Dehnungsreiz einen gewissen Grad übersteigt, reagieren die Muskeln, Sehnen und Bänder blitzschnell und gleichen das aus. Auch das habe ich ausprobiert. Im Allgäu bin ich die Nagelfluhkette in Barfußschuhen gelaufen und hatte diesbezüglich keinerlei Probleme. Der Halt auf unebenem Gelände ist perfekt, da sich der Barfußschuh dem Gelände anpasst und nicht wie die steife Sohle eines Bergschuhs nur punktuell den Untergrund berührt.
Der direkte Kontakt mit der Erde hilft, gesund zu bleiben.
Karlheinz Kösling
Laufen Sie immer allein oder auch in Gruppen?
Aktuell leite ich einen Barfußkurs in Laupheim, der einmal wöchentlich, Sommer wie Winter, draußen stattfindet. Der umfasst ein Gesamtpaket aus Barfußlaufen, Fußmobilisation, Übungen zur Beweglichkeit und Koordination sowie das abschließende Kneipen im Bach. Wichtig ist mir, dass die Teilnehmenden ihren Weg zum Barfußlaufen selbst finden und nicht meine Vorgaben einfach übernehmen – schließlich sind wir alle Individuen.
Ich fände es schön, wenn sich noch mehr Menschen für das Barfußlaufen interessieren würden. Gesundheit muss nicht viel kosten, zudem fühlt es sich noch gut an. Ein kleiner Barfußpfad auf dem Firmengelände, in den Pausen nutzbar, um neue Energie aufzutanken, das wäre für mich auch ein nachhaltiger Ansatz für die Gesundheit der Mitarbeitenden.
Wer Lust hat, selbst mal barfuß loszugehen, kann sich gerne direkt bei Karlheinz Kösling melden: koesling.k@uhlmann.de
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